Stürmische Zeiten

Interview mit Gwenael Damman, Bassist der Christina Stürmer Band

Im Augenblick kämpfen im Rahmen der Show DSDS auch auf unseren Mattscheiben wieder berufene und weniger berufene Sänger/Innen um einen Platz an der Sonne. Das es sich durchaus lohnen kann an einer Castingshow teilzunehmen und man dabei nicht unbedingt den ersten Platz braucht, um richtig fett einzusteigen, beweist gerade Christina Stürmer, zweite des österreichischen DSDS Pendant Starmania. Planet Guitar hatte die Chance den Bassisten der Christina Stürmer Band, Gwenael Damman zu treffen und einige interessante Details über ihn, die Band und Christina in Erfahrung zu bringen.

?PG: Gwen, wie lange spielst du jetzt eigentlich schon in Christinas Band?

!Gwenael Damman: Eigentlich von Anfang an, also seit knapp vier Jahren. Nachdem Christina den zweiten Platz bei Starmania gemacht hatte bekam sie einen Plattenvertrag und nahm eine Single auf, die sich super verkaufte. Christina sprach mit ihrem Produzenten über ihren Wunsch eine feste Band zu haben und auf Tour zu gehen. Der Produzent fand die Idee sehr gut und rief fünf Musiker an denen er zutraute eine Band zusammenzustellen. Ich war dabei! Christina hat uns fünf dann separat getroffen und sich im Endeffekt für mich entschieden.

?PG: Du hast also quasi den Job eines Musical Directors?

!GD: Ja, anfangs schon. Ich besorgte die Bandmusiker, organisiert und leitete die Proben und kümmerte mich um die grundsätzliche musikalische Umsetzung. In den letzten drei Jahren habe ich allerdings immer weniger zu tun. Wir sind als Band zusammengewachsen und wissen wie es laufen muss. Ich achte nur noch darauf, dass alle pünktlich zu den Proben erscheinen (lacht).

?PG: Das heißt also, dass es sich um eine richtige Band handelt, in der immer die gleichen Musiker spielen kein kurzfristig zusammengestelltes Projekt, so wie es in diesem Bereich oft üblich ist?!

!GD: Ja, ganz genau. Und das ist auch gut so. Ich persönlich halte nämlich gar nichts von ständig wechselnden Musikern. Egal wie gut jemand an seinem Instrument ist. Eine Band, die jahrelang zusammenspielt muss gar nicht zwingend aus Virtuosen bestehen um einen erstklassigen Job abliefern zu können. Denke nur an U2 oder AC/DC ! Besser geht es kaum!

?PG: Schreibt ihr dann auch gemeinsam oder kümmern sich die Plattenfirma und der Produzent um neues Material?

!GD: Auf den ersten beiden Alben wurde quasi alles von der Plattenfirma kontrolliert. Doch je erfolgreicher Christina wurde, umso größer wurde auch ihr Einfluss auf die Songauswahl. Mittlerweile schreiben wir gemeinsam zirka 30% des Materials. Das Problem ist einzig und alleine die Zeit. Da wir sehr viel unterwegs sind, haben wir sehr selten die Möglichkeit uns in Ruhe zusammensetzen zu können. Aber wir machen uns keinen Ego-Stress. Wir müssen nicht unbedingt mit eigenen Songs auf einem Album vertreten sein. Wichtig ist einzig und alleine die Qualität.

?PG: Gwen, du bist Franzose. Wie hat es dich eigentlich nach Österreich verschlagen?

!GD: Meine Frau ist Wienerin. Ich habe in Frankreich mit vielen recht bekannten fränzösischen Acts gearbeitet. Im Rahmen einer Europa-Tournee spielte ich auch einige Gigs in Österreich – unter anderem inWien. Hier lernte ich dann meine Frau kennen und lieben - und so bin ich gleich da geblieben. Das war vor neun Jahren.

?PG: War es schwierig als Musiker in einer neuen Stadt/einem neuen Land Fuß zu fassen. In Frankreich hattest du ja schon einiges erreicht. Könntest du in Wien sofort daran anknüpfen.

!GD: Da muss ich ein wenig ausholen. Also für mich ist Musik in erster Linie eine Leidenschaft und kein Job. Das heißt ich nehme grundsätzlich nur Jobs an, die mich musikalisch auch wirklich reizen. Wenn es nur ums Geld verdienen geht, mache ich lieber etwas vollkommen anderes. Und da ich in Wien zunächst kein Projekt fand das mich interessierte, spielte ich vier Jahre lang keinen Ton.

?PG: Wow, das nenne ich konsequent! Was hast du stattdessen gemacht?

!GD: Ich jobbte zeitweise an der Rezeption eines Proberaum-Studios. Hier bot man mir zwar auch immer wieder an als Studiobassist zu arbeiten. Da mich die Projekte allerdings musikalisch absolut nicht interessierten , ließ ich es lieber sein. Stattdessen nahm ich kleiner Jobs in Bereichen an, die nichts mit Musik zu tun hatten. So arbeitete ich zum Beispiel in einem Blumengrosshandel. Wie gesagt: Das ist eben meine Einstellung und hat nichts mit Arroganz zu tun. Doch bevor ich auf der Bühne stehe und mich dabei wie ein Beamter fühle, verzichte ich lieber.

?PG: Wie bist du dann zurück zur Musik gekommen?

!GD: Das war ein echter Glückstreffer. Und glaub' mir. Wenn ich dir jetzt erzähle wie es dazu gekommen ist, hört es sich an wie ein Märchen. Aber es ist wirklich so passiert. Also: Meine Frau schaute sich sehr gerne „Starmania“ an. Im Gegensatz zu mir (lacht!). Als der Moderator sagte „Und jetzt Christina Stürmer mit „Outer Love“ von Anastacia“, dachte ich nur eins: Oh je, dass kann nichts geben und bin aus dem Zimmer gegangen. Als Christina anfing dann zu singen, hörte ich es im Nebenraum und war von ihrer Performance so begeistert, dass ich schnell zurück ins Wohnzimmer lief, um den Rest ihres Auftritts nicht zu verpassen. Christina hat mich absolut umgehauen. Sie imitierte nicht; sie interpretierte den Song und gab ihm ihren eigenen Charakter. Doch obwohl ich total begeistert war, tat ich nichts um mit ihr in Kontakt zu kommen. Alles lief so weiter wie bisher. Und jetzt kommt der „Märchenfaktor“ ins Spiel. Christinas Produzent kannte mich von einem früheren Projekt und als es darum ging einen geeigneten Mann für den Job als Musical Director zu finden, erinnerte er sich an mich und rief an. Das war anderthalb Monate nachdem ich Christina zum ersten mal gehört hatte. Da ich fest an ihren Erfolg glaubte, sagte ich sofort zu. Seit diesem Tag spiele ich wieder Bass.

?PG: Wow, was für ein Zufall! Coole Sache. Wie ist es dann weiter gegangen.

!GD: Ich habe angefangen jede Menge Gitarristen und Schlagzeuger zu casten. Die endgültige Entscheidung traf dann aber Christina. Ihr kam es nicht mehr auf die musikalischen Fähigkeiten der Musiker an. In dieser Hinsicht hatte ich ja bereits im Vorfeld die Spreu vom Weizen getrennt. Sie entschied sich für diejenigen mit denen sie menschlich am besten klar kam. Tatsächlich wurde während ihrer Meetings mit den Musikern kein Ton mehr gespielt.

?PG: Was ja auch sehr wichtig ist, schließlich verbringt man jede Menge Zeit miteinander.

!GD: Ja genau. Es ist wirklich genial. Wir sind mittlerweile über zwanzig Leute und die Stimmung ist absolut locker! Spannungen gibt es so gut wie gar nicht - nur Spaß. Wie die Schlümpfe in ihrem kleinen Dorf (lacht).

?PG: Gwen, lass uns ein wenig über deine musikalische Vergangenheit sprechen.

!GD: Ich komme aus einer Theaterfamilie. Meine Mutter ist eine bekannte Schauspielerin. Mein Vater war Direktor der Comedie Francaise, eines der größten Theater in Frankreich und ein absoluter Klassikfanatiker. Dementsprechend habe ich zunächst einmal Geige, dann Cello und Kontrabass gelernt. Trotz unseres Theaterbackgrounds wollte mein Vater unbedingt das ich Arzt werde - ich bin dann letztendlich Rockmusiker geworden. So funktioniert das (lacht!). Mein erste Platte habe ich mit 16 aufgenommen - absolut der dreckigste Hardrock den man machen kann! Später fing ich dann ein Studium an der American School Of Modern Jazz in Paris an. Hier traf ich viele Musiker - viel gelernt habe ich allerdings nicht. Dafür war ich einfach nicht lange genug da. Kurz nachdem ich mich eingeschreiben hatte, traf ich nämlich die Musiker von Charlélie Couture, (bekannter fränzösischsprachiger Künstler, Anm. Der Redaktion), die einen Bassisten suchten. Sie fanden mein Spiel spannend und nahmen mich kurzerhand mit (lacht!). In den nächsten Monaten habe ich meinen Job dann von der Pike auf gelernt. Ich war damals gerade 20 und spielte mit Musikern, die mindestens zehn Jahre mehr Erfahrung auf dem Buckel hatten. Eine super Sache!

?PG: Du hast ursprünglich Cello gelernt. Wie bist du dann zum Bassspielen gekommen?

!GD: Das war Zufall. Als Jugendlicher besuchte ich die Probe der Band eines Freundes . Der Bassist war nicht da und so schnappte ich mir den Bass, stimmte ihn – wie mein Cello- in Quinten und spielte mit. Mein Freund war total begeistert und so machte ich kurzerhand weiter. Mein größtes Vorbild war damals der Bassist von France Gall, der auch mit in Quinten gestimmten Bässen arbeitete. Heute spiele ich allerdings wieder in Quarten, habe dabei aber das gesamte Instrument um einen Ganzton tiefer gestimmt (DGCF beim 4-Saiter und ADGCF beim 5-Saiter). Das klingt für mich wesentlich angenehmer.

?PG: Wie sieht es mit anderen Vorbildern aus?

!GD: Eines meiner größten Vorbilder ist ein Bassist, der sicher eher selten als Bass-Idol genannt wird: John Taylor von Duran Duran. Er ist ein tierischer Spieler und meiner Meinung nach genauso wichtig für die Entwicklung des Bassspiels wie zum Beispiel Sting. Außerdem stehe ich total auf Mark King. Nicht in erster Linie wegen seiner Slap-Technik. Auch s ein Spiel mit den Fingern ist absolut großartig!

?PG: Welche Amps und Bässe verwendest du, Gwen?

!GD: Ich spiele ein Genz Benz GBE1200 Bass-Topteil mit einer passenden Box. Ein absolut geiles Teil das alles kann, was ich brauche. Auf der Bühne und im Studio. Seit ich Music Man Stingrays spiele ist auch mein Instrumenten-Fuhrpark deutlich geschrumpft. Ich benutze vier und fünfsaitige Stingrays, fast ausschließlich Modelle mit zwei Humbuckern und Ahorngriffbrett.

!PG: Vielen Dank für das ausführliche Interview und viel Erfolg auf eurer Tour!

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