Der Marshall MG 15 CDR - Trainings-Amp mit Ambitionen

ein Test von Hansi Tietgen

Auf der diesjährigen Musikmesse feierte Marshall mit einer Amp-Linie Premiere, die auf modernsten Erkenntnissen der Transistortechnik basiert und mit einigen hervorragenden Features ausgestattet ist. Die brandneue MG Modellreihe wurde konzipiert um die jahrelang erfolgreichen Amps der G-Serie abzulösen. Bei der Entwicklung der einzelnen Verstärker-Variationen legten die Marshall Sound-Designer besonderen Wert darauf, dass sich auch topaktuelle Musikströmungen wie New Metal und Rap-Core und die damit einhergehenden Soundvorstellungen problemlos realisieren lassen. Eine besonders breit angelegte Modell-Palette sorgt schließlich dafür, dass für jedes Anwendungsgebiet der jeweils richtige Verstärker im Angebot ist.

Innerhalb der MG Serie umfasst das Produktsegment der Übungs-bzw. Einsteiger Amps insgesamt vier Modell-Typen. Das Tor in die Marshall Welt wird durch den MG 10 CD aufgestossen, einen 10 Watt starken zweikanaligen Combo-Amp. Das Herzstück der Kompakt-Klasse bilden drei 15 Watt Varianten. Der Hauptunterschied zwischen den drei MG Fünfzehnwättlern liegt hauptsächlich in ihrer jeweiligen Effektbestückung (der MG 15 CD kommt ohne Hall, der MG 15 CDDFX sogar mit digitalen(!) Chorus, Flange, Reverb und Delay Effekten). Der uns zum Test vorliegende MG 15 CDR ist der dritte Spross in der Hierarchie des MG Amp Stammbaums und wartet -neben den noch zu beschreibenden MG Spezial-Features- mit einem regelbaren Federhall auf.

Bedienung und Konzept

Der Amp gilt zwar als direkter Nachfolger des G 15 RCD, ist aber eine komplette Neuentwicklung. Der Verstärker folgt dem klassischen Prinzip eines Combo Amps und findet, dank seiner kompakten Abmessungen, (350x350x185 mm) auch im kleinsten Stübchen Platz. Das macht ihn zum idealen Übungs- bzw Zweitamp. Die Gehäuse-Rückwand ist geschlossen und sorgt so für eine straffe Abbildung der Bässe und tiefen Mitten. Als Gehäusematerial kommt MDF zum Einsatz. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass alle MG Gehäuse passgerecht vernutet werden (per Nut und Feder), so dass sie einen -in Sachen Eigenresonanz- geschlossenen Klangkörper bilden. Bespannt wurde das Ganze mit einem strapazierfähigen schwarzen Kunstlederbezug. Für den nötigen Kollisions-Schutz sorgen acht robuste Kunststoffecken. Hinter einem ebenfalls schwarzen Nylon-Gewebe mit aufgeklebtem, weißen Marshall Logo, verbirgt sich der integrierte 18 Zoll Lautsprecher. Die Elektronik des MG 15 CDR findet in einem Metallchassis Platz, das von hinten in das Holz-Gehäuse geschoben wurde und auf dessen Rückseite der interessierte Betrachter ausschließlich den obligatorischen (hier fest installierten) Netzstecker findet. Die Vorderseite beherbergt die Bedienelemente die -marshalltypisch- von einer goldfarbene Platte hinterlegt werden. Aufgedruckte Skalen, Poti- und Typenbezeichnungen sorgen für die nötige Orientierung.

Ausstattungs-Details

Wie alle seine Brüder ist auch der MG 15 CDR zweikanalig ausgelegt. Da der Amp als reiner Übe- bzw. Zweitverstärker konzipiert wurde, ist eine Kanalumschaltung (Clean/Overdrive) ausschließlich über den auf dem Frontpanel zu findenden OD Select Taster möglich. Jeder der beiden Kanalzüge verfügt über eine separate Volume-Regelmöglichkeit. Die Einstellung der Zerrintensität im Overdrive Modus erfolgt mittels eines entsprechenden Gain-Reglers. Als sehr effektiv erwies sich die EQ Sektion des Amps. Neben jeweils einem Bass- bzw. Treble Regler zur Anhebung und Absenkung der beiden Frequenzbereiche, ist es gerade der Contour-Poti, der eine ansprechende Soundvielfalt des Amps garantiert. Der Trick hinter der Funktion dieses Potis ist, dass sein Drehen kein starr festgelegtes (Mitten-)Frequenz-Band beeinflusst. Vielmehr findet während des Regelns eine zusätzliche, an die übliche An- und Absenkfunktion gekoppelt, Verschiebung der jeweils zugrunde liegenden Filter-Bandbreite statt. Die Parameter wurden dabei von Werk ab so festgelegt, dass der Amp eine möglichst vielfältige stilistische Performance abliefern kann. Dazu aber später mehr. Die Anpassung des integrierten Federhalls erfolgt anhand des zuständigen Reverb-Level Controllers.

MG Special Features

Ein Ausstattungsmerkmal, das allen Amps der MG Klasse zueigen ist, ist die sogenannte FDD Schaltung. Das Kürzel steht für die Bezeichnung Frequency Dependent Damping (Frequenz abhängiges Dämpfen) und wurde erstmals in der Marshall Hybrid Serie AVT eingesetzt. Die von Marshall entwickelte Schaltung simuliert die Wechselwirkung zwischen Endstufe und Speakern, ein Effekt, der Röhrenamps naturgemäß einen wärmeren Sound verleiht, transitorbefeuerten Gitarrenverstärkern aber erst durch entsprechende schaltungstechnische Zusatzmaßnahmen antrainiert werden muss. Das Zauberwort heißt weiche Ankopplung. Diese gibt den Speakern -einfach gesprochen- die Möglichkeit, ein stückweit freier zu schwingen und sorgt so für eine natürlichere Entwicklung des Gitarrentons. Da der Dämpfungsfaktor frequenzabhängig ist, misst die FDD Schaltung die von der Endstufe erzeugte Obertonstruktur des Signals und passt den Dämpfungsfaktor automatisch und in Echtzeit an die jeweils herrschenden Bedingungen an. Neu bei der MG Variante ist die Schaltbarkeit des Effekts (außer beim Filius der Serie, dem MG 10 CD). So hat der User die Möglichkeit, zwischen einem eher sägenden, typischen Transistorsound und der FDD gestützten "Röhrenvariante" zu wählen.

Für eine Erweiterung des Einsatzbereiches des Amps, sorgen -für einen Amp dieser Preiskategorie eher ungewöhnliche- Zusatz-Features wie die multifunktionell ausgelegte CD IN und Line Out Buchse. Hier lässt sich nicht nur ein sehr gut zu gebrauchendes, emuliertes Line Signal abgreifen, das den Amp in Recording Situationen zum Lieferanten für amtliche Direct-Sounds werden lässt, sondern auch noch eine externe Klangquelle in Form eines CD-, oder MD- Players anschließen. So bekommt man nicht nur die Möglichkeit, ohne Aufwand zu Play-Along Trax mitjammen zu können, sondern kann auch in angenehmer Form nach den Riffs und Lix seiner Lieblingsbands fahnden. Das Ganze funktioniert richtig gut und beeinflusst den Grundsound des Amps nicht im geringsten. Aber auch der Köpfhörer-Anschluss hat es in sich. Die integrierte Speaker-Simulation unterstützt angenehmste Direktbeschallungs-Orgien und macht jede Stand-Alone Midnight Session zu einem ganz persönlichen Hörvergnügen.

Die Praxis

PG Gear Check Info: Während der Aufnahme-Session wurde der Amp-Sound mit einem Standard Shure SM 57 Mikrofon abgenommen. Zusätzlich zu den "abgemikten" Sounds sind in den Audios des PG Gear Checks auch einige Line-Sounds zu hören.

Wir starten unseren Praxistest im Overdrive Mode und bei aktivierter FDD Schaltung. Erster Punkt in der Check-Liste von kleineren (Trainings-)Amps sollte eine Überprüfung der gelieferten Distortion-Intensität sein. Viele Amps dieser Baugruppe sind in dieser Hinsicht eher schwach auf der Brust und erschweren so das Üben von Legato-Linien oder Tappings erheblich. Doch hier braucht man sich beim MG 15 wirklich keine Sorgen machen. In der beschriebenen Konfiguration liefert der MG 15 CDR bei voll aufgedrehtem Gain, eine gehörige Portion Distortion, die sich anhand der sehr gut arbeitenden Klangregelung problemlos in die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen drücken lässt. So kommen Freunde knackig-präsenter Metal-Bedienung genauso auf ihre Kosten, wie die Liebhaber warmer Lead-Sounds. Der integrierte Federhall klingt angenehm und arbeitet problemlos. Einen wesentlichen Anteil an der bereitgefächerten stilistischen Bandbreite hat die Funktion des Contour Reglers. Mit einem einfachen Dreh ist man in der Lage den eben noch sahnig, mittigen Lead-Sound im Handumdrehen in einen strammen, bissigen Power-Riff Sound zu verwandeln. Das macht das Handling des Amps, gerade für Anfänger, angenehm einfach und sorgt so für schnelle Spielfreuden. Auf ein Zurücknehmen des Gains reagiert der Amp sehr direkt und natürlich. So lassen sich mit dem MG 15 CDR auch Crunch- und Blues-Sounds problemlos realisieren. Fährt man das Gesamtvolumen hoch, so überzeugt der Amp mit einem für seine Größe erstaunlichen Dynamikverhalten. Auch wird der Sound, wie es bei Amps auf Transitorbasis schnell mal der Fall sein kann, in höheren Lautstärken nicht unangenehm scharf. Die FDD Schaltung leistet hier ganze Arbeit. Schaltet man die FDD Funktion aus, so wird der Sound harscher und etwas kratziger. Das auf diese Weise erreichte Klangverhalten ist nicht unbedingt unangenehm und erweitert das Spektrum des Amps um einige ziemlich krasse "Transistor"-Distortion Sounds.

Auch im Clean-Betrieb sorgt die effektiv arbeitende EQ-Sektion für ein breites Klang-Angebot. Anhand des Contour-Reglers läßt sich der Sound des Amps problemlos in die gebräuchlichsten Stilrichtungen trimmen. So sind trockene, perkussive Funk-Vamps genauso möglich wie warmes Jazz-Comping.

Als praktisch und sehr effektiv erwiesen sich auch die Zusatzfeatures des Amps. Der emulierte Line Out liefert ein sehr gut zu gebrauchendes Signal und eignet sich sowohl für die schnelle Recording Session zwischendurch, als auch für das Einspeisen in ein entsprechendes P.A. System. Den Charakter des Übe-Verstärkers unterstreicht die "mitgelieferte" CD In Buchse. Das Signal eines hier angeschlossenen CD- oder MD-Players (Drumcomputer gehen auch) wird automatisch dem Gitarrensignal zugemischt und kann den Übenden so mit Play Along Trax und Grooves versorgen. So hilft der Amp nicht nur dem Zuhausetrainierenden, sondern kann auch dazu beitragen, das Gitarrenlehrer oder "Workshoptreibende" ihren Unterricht ohne aufwendige Equipmentschlachten interessanter und lehrreicher gestalten können.

Fazit

Der Marschall MG 15 CDR ist der ideale Einsteiger- und Übungsamp. Der Verstärker überzeugt durch seine sehr guten Sounds und ein breites Klangspektrum, bei einem äusserst günstigen Preis. Dabei unterstützt er, dank der effektiv arbeitenden Klangregelung inklusive Contour-Regler und der zuschaltbaren FDD-Schaltung, nahezu jede stilistische Vorliebe des jeweiligen Benutzers.

Smarte Zusatzfeatures, wie der emulierte Line-Out und die Anschlussmöglichkeit einer externen Audioquelle, erweitern das Einsatzgebiet des Amps und machen ihn, in Verbindung mit dem sehr gut klingenden Kopfhörer-Ausgang, zum idealen Übungstool.

 

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